My Way°

Die Gibb River Road

Von Derby Nach Kununurra führt eine der bekanntesten Straßen Australiens, die Gibb River Road. Ursprünglich eine Transportroute für Vieh ist sie eine der berühmtesten Straßen für echtes Outback Adventure, denn sie führt über gut 700km durch die Kimberleys, einer noch weitgehend unerschlossenen Region Australiens die zudem noch so gut wie unbewohnt ist. 700km unbefestigte Straße, die nur in der Trockenzeit überhaupt befahrbar ist und auch in der Trockenzeit nach Regenfällen teilweise geschlossen wird, da die Flüsse unpassierbar werden und die Straßen teilweise ausgewaschen werden und erst nachgebessert werden müssen.

Schon seit Monaten träume ich davon diese Strecke zu fahren, doch nach einigen Tagen Wartezeit in Derby wurde uns langsam klar, dass die Hauptattraktionen an der Strecke nicht geöffnet werden solange wir uns in dieser Gegend befinden. Nina und Muddi wurde das warten dann zu langweilig, da sie auch schon einen Tag länger in Derby rumhingen und fuhren über die längere Strecke den Highway entlang schon einmal nach Fitzroy Crossing während Tinka und ich noch einen Tag blieben um ein wenig zu bloggen und Bilder zu sortieren und evtl. so hofften wir am nächsten Tag auf die Gibb fahren zu können weil uns im Visitor Center in Aussicht gestellt wurde, dass die Windjana Gorge und der Tunnel Creek am nächsten Tag wieder geöffnet werden. Also schlossen wir den Kompromiss die 150 km bis zu diesen Attraktionen auf der Gibb zu fahren und anschließend den Shortcut zum Highway zu nehmen um wieder auf die anderen beiden zu treffen.

Am Morgen des 29. Mai saßen wir also noch in der Küche unseres Campingplatzes als der Meister vom Campingplatz zu uns kam und uns erzählte, dass die Gibb frei ist, die Abzweigung zur Windjana Gorge offen sei, aber die weiterfahrt über den Tunnel Creek und zum Highway wohl erst am Nachmittag geöffnet würde. Wir packten also euphorisch unsere Sachen zusammen und fuhren los. Wir kamen genau 63 km weit bis wir unter dem Auto ein knacken und ein lautes pfeifen hörten während der Motor laute Geräusche von sich gab. Also anhalten, Motorhaube auf, pfeifen, brummen, Abgas kommt aus dem Motorraum, aber sonst nix zu sehen. Also wieder zurück und ab in die Werkstatt. Diagnose: Auspuff abgerissen, wohl zu schnell mit heißem Auspuff durch kaltes Wasser genagelt. Eine Stunde Mittagspause und eine weitere Stunde Reperatur und um 80 Dollar erleichtert, fuhren wir erneut los. Diesmal ohne Zwischenfälle. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kamen wir am Abzweig zur Windjana Gorge an und uns begrüßte das Schild „Road closed for all vehicles“. Ratlosigkeit machte sich breit und wir waren schon kurz davor weiter die Gibb runter zu fahren als ich die Idee hatte, dass wir uns einfach vor die Straße stellen und gucken ob jemand kommt und da rein fährt. Keine 10 Minuten später kam ein großer Offroad Bus mit 15 Reisenden und einem Reiseleiter mit Satelitentelefon und noch ein zweites Auto. Mit gut 20 Mann standen wir dort auf der Straße und hatten alle die gleiche Information: eigentlich ist auf! … Schließlich kam ein Bus mit einem Mann der uns sagte, dass die Straße in der Tat offen sei bis zur Windjana Gorge. Im Dunkeln machten wir uns alle nun auf den Weg zum dort befindlichen Campground, auf dem sich dann doch schon so einige Menschen tummelten.

Am nächsten Morgen war die Straße die weiter zum Tunnel Creek führte noch immer geschlossen, doch es sollte wohl morgens ein Ranger die Strecke kontrollieren und danach öffnen. Daraufhin entschlossen wir uns erst einmal den 7km langen Walk durch die Windjana Gorge zu machen. Eine Gorge, dass sei hier nochmal gesagt, ist eine Schlucht. In dieser befand sich sogar ein Fluss wie wir schnell feststellten. Und die Schilder davor verhießen uns, dass dies der beste Platz sei um Frischwasserkrokodile, die sogenannten Freshies zu sehen. Da war ich natürlich sofort Feuer und Flamme und überlegte schon mein 400mm Telezoom Objektiv noch aus dem Auto zu holen, doch entschloss ich mich schnell dagegen, da der Weg zurück zum Auto doch schon mehr als 50 Meter betrug.

Der Weg in die Schlucht führte zwischen Felsen hindurch und bahnte sich in letzter Instanz durch eine imposante Felsspalte, bis man schließlich unter Bäumen neben einem Fluß zwischen riesigen Sandsteinformationen stand. Die Felsen die sich hier gut 50 Meter links und rechts neben uns aufbäumten waren früher mal ein Riff, bevor sich der Boden hob und hier mitten im Inland nun diese Felsformationen schuf. Noch heute kann man in den Felsen vielfältige Versteinerungen von jahrmillionen alten Meereslebewesen sehen.

Wir gingen gut 500 Meter am Wasser entlang bis wir es plötzlich sahen. Ein großes dickes Krokodil saß auf einem Felsen am anderen Ufer und wärmte sich auf. Sofort griff ich nach meiner Kamera, zoomte voll rein, doch das Krokodil füllte nur einen kleinen Teil des Suchers aus. Also gings für mich im Laufschritt zurück zum Auto: Telezoom holen. 10 Minuten später hatte ich ein Vollbildfoto von einem dicken Krokodil das sich in der Sonne brät im Kasten. Der Tag war gerettet. Weiter gings und weitere Krokodile folgten. Am Ende sollten es 22 Stück sein die wir auf diesem Walk sehen sollten. Zusätzlich gabs als Bonus noch einen Baum voller Flughunde. Was für ein Tag!

Zurück am Auto erfuhren wir, dass die Straße noch immer gesperrt war und es wohl auch noch bis zur folgenden Woche bleiben würde. Damit standen wir also vor dem Problem, dass wir nicht zum Highway kamen um uns mit dem Rest zu treffen, es sei denn wir würden die 150 km zurück, dann 50 km nach Süden und wieder 150 km nach Fitzroy Crossing fahren. Ein Umweg von über 300 km gegenüber dem Shortcut über den Tunnel Creek. Also erfüllte sich ungewollt dann doch mein Traum: Wir fuhren die Gibb River Road!

Neben einigen sehr schönen Ausblicken auf die Kimberley Region, über grüne Täler und majestätische Plateaus deren Abbruchkanten malerische Formationen an den Horizont zauberten, führte uns der Weg gegen Abend noch zur Adcock Gorge. Eine sehr rumpelige Straße die an einen mittleren four wheel track erinnerte führte bis zu einem Schild auf dem darauf hingewiesen wurde, dass hier die Gorge beginnt und nur Tagesbesucher erlaubt seien… kein camping, kein overnight stay. dahinter gings eine rumpelige Straße runter in einen Fluß. Okay dachte ich mir, wo eine Straße ist, ist auch ein Ziel… Also ab durchs Wasser mit dem Auto, einen sandigen hügel rauf um vor einem Haufen Geröll zu stehen wo sicher mal eine Straße war, die aber wohl in längst vergangener Zeit weggespült wurde. Aber auch Geröll kann eine Art Straße sein. 10 Minuten später standen wir am Ende. Ein kleiner Wendekringel in dessen Mitte ein altes Lagerfeuer lag, war offenbar schon länger nicht genutzt worden.

Von hier aus machten wir uns auf zur Gorge. Über Stock und Stein, immer am Wasser entlang fanden wir so kurz vor Einbruch der Dämmerung einen verlassenen Wasserfall, der in einen einsahmen Pool sprudelte… Umgeben von Felsen und Bäumen. Keine Touristen! Da wir uns nicht vorstellen konnten, dass um diese Zeit und auf diesem Weg noch irgendein Mensch kommen würde, beschlossen wir dann auch einfach dort zu bleiben… direkt neben dem Fluß voller Seerosen mit dem plätschern des Wasserfalls als Schlaflied.

Morgens brachen wir trotzdem schnell auf falls sich am Tage doch jemand in diese Gegend verirrte. Erstes Ziel war die Galvans Gorge, wieder ein netter Wasserfall mit Pool und Palmen. Danach ging es weiter zur Manning Gorge. Und hier fühlte ich mich sofort an den Karijini National Park erinnert. Der Walk startete an einem Sandstrand direkt an einem breiten Fluß, der hier mehr wie ein ruhiger See dahin floß. Am Ufer lagen weiße Styroporkisten. Also Sachen ausgezogen, alles in die Kiste gepackt und erstmal rüberschwimmen auf die andere Seite. Was dann folgte war ein langer Marsch durch Buschland, vorbei an Termitenhügeln auf einem Trampelpfad durch hüfthohes Gras, der ab und an von Felsen unterbrochen wurde, oder gar eine kleinere Gorge in die man hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf musste. Nach einer guten Stunde kamen wir an einen Sandstrand, Wasser und schöne Wasserfälle mit einem riesigen Pool davor, durch den kühles klares Wasser floß. Ein wunderschöner Anblick den wir eine ganze Weile genossen.

Tinka nutze den Pool um eine Runde zu schwimmen und im Wasserfall zu duschen bevor wir langsam wieder den Rückweg antraten. Die Flußdurchquerung auf dem Rückweg war bei der Wärme genau das richtige bevor wir uns wieder ins Auto schwingen mussten. Vielleicht habe ich auch deswegen meine Schuhe auf der anderen Seite vergessen, nur um noch einmal hindurchschwimmen zu müssen.

Weiter ging es dann zur letzten Gorge, bevor auf der Karte eine lange lange Strecke nurnoch Straße zu sehen war: Die Barnett River Gorge! Wir fanden den Abzweig, fanden den Fluß, fanden irgendwann, dass die Straße nicht für unser Auto gemacht war und drehten um. Ende der Geschichte 🙂

Rund 130km weiter an der Abzweigung zum Mitchel Plateau, verbrachten wir die Nacht auf einer rest area. Das Mitchel Plateau selber hätten wir zwar gerne gesehen, aber leider war die Straße noch für mindestens 2 Wochen gesperrt wie man uns sagte. Also gings am nächsten Tag, dem 31. Mai, dann weiter. Als nächste Attraktion galt dann mal ein ganz normaler Fluß. Eigentlich nichts besonderes, solange er neben der Straße oder unter einer Brücke fließt. Auf der Straße war für uns jedoch ein Novum. Tinka marschierte zielstrebig hindurch um die optimale Strecke zu erkunden, während ich mich mental darauf vorbereitete! Als sie durch war, zeigte sie mir den Weg an, ich startete den Wagen und fuhr los. Das waren mit Sicherheit die bisher aufregendsten 60 Meter Autofahrt die ich in Australien hinter mich gebracht habe 🙂

Weiter gings dann noch eine ganze Weile während die Straße immer schlechter wurde. Waren die ersten 300 km noch fast wie ein mittelmäßiger Highway, wechselten sich inzwischen Schlaglöcherbehaftete Abschnitte mit Floodways und tiefen schlammigen Pfützen ab. Am Ende dieser Strecke stand dann der Pentecoast River auf dem Plan. Jetzt war Tinka dran mit fahren! Durch den Fluß bin ich allerdings aufgrund des Schildes welches vor Krokodilen warnt nicht vorweg gelaufen. Aber man gewinnt ja Routine und nachdem Tinka schon den Yardie Creek überqueert hatte, legte sie routiniert den four wheel drive ein, schaltete in den zweiten Gang und tuckerte gemütlich durch den gut 100 Meter breiten Fluß.

Auf dem letzten Stück fuhren wir noch einmal zum El Questro Wilderness Park, in dem es viele Gorges und Walking Trails geben soll die sehr schön sein sollen. Nachdem wir allerdings die über 60 Dollar für 2 Tage Natur und eine Übernachtung nicht zahlen wollten und warscheinlich einfach zu viele Gorges gesehen haben in letzter Zeit, beschlossen wir dann nach Kununurra zu fahren und mit Internet und Strom und frischem Essen ein wenig abzuschalten. Die letzten Tage waren wieder sehr erlebnissreich und man will ja nicht irgendwann komplett reizüberflutet sein. Das Highlight dabei war allerdings, dass wir dafür noch zwei mal durch den Pentecoast River mussten. Zwar an einer recht flachen Stelle, aber so langsam machen uns diese Flußdurchquerungen richtig Spaß!

Das war also die berühmte Gibb River Road. Ich bin froh sie dann doch gefahren zu sein!